25.10.23

Schwimmend die Flüsse retten – Chemieprofessor Andreas Fath erklärt die Problematik der Mikroplastik in Gewässern

Er ist bekannt als „der schwimmende Professor“. Andreas Fath verbindet seinen Beruf – Chemieprofessor an der Hochschule Furtwangen – mit seinem Hobby Langstreckenschwimmen. Sein wissenschaftliches Spezialgebiet sind die Kunststoffe. So entstand die Idee, Flüsse auf Mikroplastik zu untersuchen. Und warum dann nicht dem Laborboot vorausschwimmen, um mehr Aufmerksamkeit für das Projekt zu gewinnen?

Beim Hebel-Treff unter dem Titel „Flüsse als Spiegelbild unserer Gesellschaft“ berichtete der engagierte Umweltschützer von seinen Fluss-Studien. Nach dem Rhein und dem Tennessee River durchschwamm er im Frühjahr 2022 die Donau. 2.700 km von der Quelle bis zur Mündung. Seine Vision: ein sauberer Fluss voller Leben und Artenvielfalt. Seine Mission: weg mit dem Plastik. Die Realität ist aber erschreckend. Über 4 Tonnen Plastik gelangen aus der Donau ins Schwarze Meer. Und zwar pro Tag.

Acht Wochen lang schwamm er täglich acht Stunden im kalten Wasser. Insgesamt acht Personen waren auf dem Forschungsschiff MS Marbach auf 24 Quadratmetern zusammen. Faths Schwimm- und Forschungsreise erhielt viel Aufmerksamkeit in den Medien. Im serbischen Fernsehen erklärte er, auf der Höhe von Belgrad das Schwimmen auszusetzen, weil dort zu viele „menschliche Exkremente“ in den Fluss gelangen. Diese Ansage führte dazu, dass nun dort endlich eine Kläranlage gebaut werden soll.

Wofür brauchen wir überhaupt das viele Plastik? In Deutschland wird das meiste für Verpackung – oft nur einmalig in Gebrauch – verwendet. 79 Prozent des Plastiks landet auf Deponien, in der Natur oder im Meer. Und im Menschen. Eine Scheckkarte wiegt 5 Gramm. So viel Mikroplastik nehmen wir zu uns: in einer Woche! Bei Studien wurde schon Mikroplastik in verschiedenen Organen der Menschen nachgewiesen – aufgenommen durch die Nahrungskette, durch Wasser und durch die Luft. Dazu kommt, dass Mikroplastik als Trojaner Schadstoffe in den Körper schleust. Aber nicht nur Plastik hatte das Team in den Flüssen gefunden, sondern auch chemische Bestandteile der Antibabypille, Süßstoffe, Röntgenkontrastmittel und vieles mehr.

Der Abendvortrag ist Teil der „Woche des Wassers“ des Hebel-Gymnasiums, die Chemielehrer Hannes Steffen Henn mit viel Engagement organisiert hatte. Während der Woche konnten Schulklassen Workshops in einem Mitmach-Labor und einen Escape-Room besuchen. Diese anschaulichen, schülergerechten und spannenden Bildungsangebote wurden von der gemeinnützigen Organisation H2Org, die Andreas Fath gegründet hat, aufgebaut und betreut. Besonders erschreckend ist hier das Experiment zum Reifenabrieb, wo die Spuren unter einem 15.000 Euro teuren Mikroskop untersucht werden können. Denn jährlich gelangen 1200 Gramm davon in die Umwelt – umgerechnet auf jeden Bundesbürger. Damit ist der Reifenabrieb die größte Quelle für Mikroplastik in Deutschland.

Zum Abschluss des Abends in der vollbesetzten Aula wollte ein Schüler wissen, was Fath an den Schwimmtagen esse. „Nicht nur Energieriegel, die man irgendwann nicht mehr sehen kann, sondern auch Bananen oder mal ein Käsebrot. Wenn ich nach einem langen Schwimmen durchgefroren ins Boot steige und eine warme Nudelsuppe bekomme, bin ich vollkommen glücklich!“

Birgit Schillinger

Andreas Fath, der „schwimmende Chemieprofessor“, erklärte anhand des Tennisballs, wie sich Schadstoffe am Mikroplastik anheften und auf diese Weise in den Körper von Tieren und Menschen gelangen.
Andreas Fath, der „schwimmende Chemieprofessor“, erklärte anhand des Tennisballs, wie sich Schadstoffe am Mikroplastik anheften und auf diese Weise in den Körper von Tieren und Menschen gelangen.