10.05.21

„Das Wohnen der Zukunft“

Auch in diesem Jahr beteiligten sich Schülerinnen und Schüler des Hebelgymnasiums erfolgreich am Trinationalen Schülerwettbewerb des Europäischen Architekturhauses 2020/21.

In den nachfolgend eingestellten Text und Bildbeiträgen wird die Modellbauarbeit vorgestellt und das zu Grunde liegende Entwicklungskonzept dargestellt und erläutert.

Die diesjährige Preisverleihung fand in dieser Woche digital statt. EIn Video hiervon kann unter https://youtu.be/50TU9zQVseU angesehen werden.

Die Schüler*innenarbeiten wurden in Alterskategorien eingeordnet und juriert. Beim Entwurf des Hebelgymnasiums wurde als besondere Leistung „…die herausragende Gesamtschau des Prozesses von ersten Ideen über gemeinsame Gestaltungentwürfe bis hin zum Modellbau“ gelobt.

Die Schülerinnen und Schüler der Jahrgansstufe 2 des Grundkurses Bildende Kunst erforschten ausgehend von der Pandemiesituation Veränderungen in ihrem Alltagsleben und entwickelten gemeinsam Ausblicke, wie dies das Wohnen der Zukunft verändern könnte. Ihr Konzept ist geprägt von vielfältigen Um- und Weiterentwicklungsvorschlägen bestehender Baustruktur hin zu einer Stadt, in der Innovatives auf Bestehendes trifft und Gemeinschaftlichkeit und Flexibilisierung von Raum angestrebt wird.

Seit dem 14. Mai ist auch die digitale Ausstellung des Schülerwettbewerbs OSCAR 2020/21 mit den Modellen aller Schüler/-innen aus Baden-Würtemberg eröffnet.
Die Ausstellung ist auf der Internetseite des Europäischen Architekturhauses unter der Rubrik « Der trinadionale Schülerwettbewerb » zu finden.

---

Die Zukunft des Wohnens

- ein gemeinsames Projekt von Lara Hofmeister, An Ngo, Linh Ngo und Eleni Zenkert, Jahrgangsstufe 2 des Hebel-Gymnasiums, Schwetzingen

Gedanken zur architektonischen Gestaltung

„Innovation ist das Entwickeln des Neuen oder das Umstrukturieren des Alten auf eine neue Art und Weise.“ Mike Vance

Städte sind geplante und gewachsene Orte, die unsere Kultur prägen und repräsentieren. Im Sinne einer Nachhaltigkeitsdebatte und im Bezug auf Vielfalt scheint es notwendig zu prüfen, wo Bestehendes in neue Konzepte integriert werden kann.

Abb 1.1. Ideenskizze Lösungsansätze für bestehende Bausituationen von Lara Hofmeister

Im vorliegenden Modell (Maßstab 1:100) findet sich dieser Gedanke dadurch visualisiert, dass gewachsene Strukturen mit zusammenfassenden, größeren organischen Baukörpern überbaut und dadurch ergänzt und zusammengefasst werden. Es entstehen gemeinsam nutzbare, multifunktionale Räume in organischer Formensprache, die der strengen Geometrie der Bestandbauten mit weichen Formen und innovativer Materialität begegnen. Kombiniert mit kleineren Bauformen in der Art von Nestern werden darüber hinaus poetische Orte im Spannungsfeld zwischen Gemeinschaft und Privatheit geschaffen.

Abb 1.2 Ideenskizze für die Kombination verschiedener Bauformen und die Erweiterung bestehender Strukturen von Lara Hofmeiser

Auch die Wohneinheiten in Wabenstruktur spiegeln den Aspekt des flexiblen Nutzens von Wohnraum wider. Sie zeigen einen einfachen und gleichermaßen dynamischen Aufbau. Die Wabenstruktur erzeugt auf der Metaebene das Gefühl, Teil einer Gemeinschaft zu sein. Jedem Nutzer stehen überschaubare Bereiche zur Verfügung, die je nach Bedarf zusammenge­schlossen und geöffnet werden können, wodurch Wohnraum vergrößert und an ver­änderte Lebenssituationen angepasst werden kann.

Wohnraum und Naturraum

Ganz entscheidend ist auch der Aspekt des Einbezugs der Natur. Auch im Stadtraum müsste stärker Renaturalisierung stattfinden. Daher wurden im Modell bewusst große Bereiche als Naturraum konzipiert. Bäume und Grünflächen sind wesentlich, auch wenn Wohnraum dann reduzierter gedacht werden muss. Vielleicht liegt der Luxus der Zukunft in gut geplanter Flexibilisierung von Raum (vgl. Vorüberlegungen und Zeichnungen siehe upload).

Durch voranschreitende Forschung lassen sich zunehmend auch neuartige Anbauformen realisieren. So müsste über gemeinsam nutzbare Anbauflächen nachgedacht werden (vgl. Gewächshausstruktur), Wasserspeicher könnten angelegt werden, um nachhaltiges Leben und Handeln zu ermöglichen.

Wohnen bedeutet in der Zukunft, Verantwortung zu übernehmen.

---

Die Zukunft des Wohnens

- ein Beitrag von Schüler*innen der Jahrgangsstufe 2 des Hebel-Gymnasiums, Schwetzingen

Vorüberlegungen

Durch die Pandemie, mit der wir nun schon seit über einem Jahr umgehen müssen, haben sich unser Leben und auch unser Wohnen in erheblichem Maße verändert. Der erforderliche Aufenthalt im eigenen Wohnraum hat uns sensibilisiert für Nutzungskonflikte, Funktionalität von verschiedenen Wohnbereichen und die dort herrschende Atmosphäre. Wir begannen darüber nachzudenken, wie die Perspektive für Lebensräume und Möglichkeiten zur Entfaltung zukünftig aussehen könnte.

Wir analysierten zunächst unsere momentane Wohnsituation.

Abb 2.1 Visualisierung von Tätigkeiten im eigenen Wohnraum

Das eigene Zimmer hat zentrale Bedeutung. Es ist Lebensraum, Arbeitsplatz, Rückzugsort. Viele Funktionsbereiche, die zuvor auf andere Räume des Hauses/der Wohnung verteilt waren, und an verschiedenste Orte außerhalb des eigenen Haushaltes ausgelagert waren (Sport- und Freizeitaktivitäten, Kultur-/ Eventveranstaltungen, Schule), verdichten sich nun auf kleinstem Raum. Daraus entstand bei uns der natürliche und spontane Impuls, die gegebene Situation zu verändern, den neuen Anforderungen anzupassen. Der bisherige Wohn- und Schlafraum wurde also stärker zum Arbeitsplatz umfunktioniert. Das erforderte einige Adaptionen (am Schreibtisch findet nicht mehr nur Lernen und Hausaufgaben machen statt, sondern auch Unterricht in verschiedenen Fächern. Im Zimmer wird auch gegessen, Sport gemacht, Freizeit verbracht...). Kreativität und Wille zur Neugestaltung waren geweckt, Veränderungen wurden herbeigeführt.

Aus dieser Beobachtung des eigenen Lebens entwickelten sich dann Gedanken für andere Gemeinschaften und größere Zusammenhänge. Für Familien oder Wohngemeinschaften bedeutet dies beispielsweise, dass jedes Mitglied eine eigene stille, produktive Nische finden muss und diese auch individuell besetzen kann.

Ein bedeutender zweiter Aspekt der Lockdownzeit ist das starke Bedürfnis, ein wahrnehmbares Freiheitsgefühl zu haben und eine Interaktionsfläche mit der Außenwelt zu schaffen. So sind Orte des gemeinsamen Erlebens besonders wichtig. Frei entscheidbarer Wechsel zwischen Privatsphäre und Gemeinschaft erscheinen als sehr wichtige Elemente für ein gelingendes Zusammenleben.

Der Ist-Zustand der Wohnsituation und mögliche Ansätze für Veränderungen/neue Konzepte

Bisher üblich ist, dass ein Wohnbereich entsprechend seiner zu er­füllenden Funktion konzipiert und eingerichtet ist. Einzelne Bereiche sind also gewissen Tätigkeiten vorbehalten. Der bestehende Raum müsste sich zukünftig stärker auf den jeweiligen Nutzer beziehen und demnach individuell nach der Routine und den Bedürfnissen der Bewohner gestaltet werden können.

Hierzu haben wir verschiedene Wohnbereiche analysiert und Tätigkeitsschwer­punkte ausgelotet.

Abb 2.1 Multifunktionalität von Bereichen der eigenen Wohnung. Visualisierung der Tätigkeiten und Erforschung der Nutzungsschwerpunkte

Unsere Gestaltungsentwürfe entstanden durch die Beschriftung von Grundrissen mit Verben und Tätigkeitsbegriffen, die an den jeweiligen Stellen des Wohnbereiches festgenmacht werden konnten und für die Nutzer des Wohnraumes essentiell sind. Hintergrund dieser Analyse war es, Potential zum Multifunktionalisieren der Orte zu finden, Raum effektiver zu nutzen und dadurch die Möglichkeit zu erlangen, die Lebensqualität bei gleicher Raumgröße zu steigern. Diese Vorstellung zeichnet sich durch folgende Prinzipien aus: es muss kleinere private Bereiche geben und gleichzeitig wird (dosierte) Offenheit ermöglicht, ungezwungene Gemeinschaft durch Partizipation geschaffen, so dass Raum für Entfaltung und Entwicklung entsteht.

Ideenskizze Lösungsansätze für bestehende Bausituationen
Ideenskizze Lösungsansätze für bestehende Bausituationen
Ideenskizze für die Kombination verschiedener Bauformen und die Erweiterung bestehender Strukturen
Ideenskizze für die Kombination verschiedener Bauformen und die Erweiterung bestehender Strukturen
Visualisierung von Tätigkeiten im eigenen Wohnraum
Visualisierung von Tätigkeiten im eigenen Wohnraum
  zur Fotogalerie (8 Bilder)